Blochers Grounding

Es gibt Tage, gute Tage und sehr gute Tage. Heute ist ein sehr guter Tag :-) Nach 4 Jahren Bundesrat sind wir Mr. Blocher los! Ich kann es immer noch kaum glauben, habe mich gestern schon gefreut wie ein Kind und heute Morgen bin ich entgegen meinen Gepflogenheiten sogar vor 8 Uhr aufgestanden, um die Bestätigung noch Live miterleben zu können.

Bei der SVP reibt man sich die Augen (ich liebe es Ueli Maurer so zu sehen) und die schöne SVP-Schlagfertigkeit war gestern arg eingerostet. Propagandaminister Mörgeli war relativ sprachlos und Blocher hat es gestern sogar komplett die Sprache verschlagen.

Nun will die SVP also in die Opposition, allerdings nur halbherzig, immerhin sind immer noch zwei SVP Bundesräte im Amt. Politisch wird sich so oder so kaum was ändern, die SVP hat es sowieso nie interessiert, ob sie in der Regierung sind oder nicht. Allerdings scheint sich bei der SVP trotzdem etwas zu tun, mit etwas Glück spaltet sie sich und die vernünftigen SVPler gehen endlich mal ihren eigenen Weg, wäre schon lange mal überfällig…

Die Kommentare sind auch wieder einmal nett. Der Tagi spricht zwar von einer Demütigung von Blocher, schreibt aber ebenfalls, dass das Parlament verzweifelt sein muss. Wieso bitte muss man verzweifelt sein, wenn man Blocher nicht wählt? Meiner Meinung nach war das Parlament verzweifelt, als Blocher damals gewählt worden ist. In der Hoffnung ihn etwas zu “zähmen”, wurde er in die Regierung eingebunden. Das ging tüchtig in die Hosen und jetzt hat man ihn rausgeschmissen, das nenne ich Demokratie. Und nochmals liebe SVP, 30% sind zwar viel, aber das heisst auch, dass 70% anderer Meinung waren.

Die NZZ kritisiert, dass mit der Wahl zwei Mitglieder der SVP im Bundesrat sind, die nicht den Mehrheitskurs der (Zürcher) SVP tragen. Nur hat die SVP sich das mit der Devise “Blocher oder Opposition” selber eingebrockt. Die SP musste in den letzten Jahrzehnten mehrmals einen anderen Bundesrat akzeptieren, da der bürgerlichen Mehrheit der SP-Vorschlag nicht passte. Das ist ein Teil des Spiels, nun hat dies die SVP auch mal erfahren müssen.

Interessant sind auch Kommentare aus Deutschland, die Süddeutsche sieht die Schweiz in Richung Regierung/Opposition gehen, Spiegel schreibt in eine ähnliche Richtung. Schon fast Tragisch ist die Vereinfachung auf ORF. Liebe Journalisten aus dem Ausland: Das schweizer System ist zwar, wie Spiegel feststellte, ein Sonderfall. Aber so einfach wie Ihr euch das vorstellt, ist es noch lange nicht: Nur weil Ueli Maurer & co also ein riesen Theater machen, heisst dies noch lange nicht, dass die Schweiz sich nun grundlegend ändert. Bevor die Zauberformel überhaupt auf dem Stand vor 4 Jahren war, waren weder die CVP noch die SP im Bundesrat, sprich sie waren in der Opposition. Mit der Zeit wurde es dann einfacher, die Parteien im System zu integrieren und man gab ihnen Sitze im Bundesrat. Die Parteien wollten das längerfristig auch (ist schliesslich eine Machtfrage) und hörten also etwas auf zu poltern. Im Tagi ist dies sehr gut beschrieben.

Und nochmals, die SVP hat in den letzten paar Jahren nie was anderes gemacht, sie werden also weiterhin für alles Unterschriften sammeln, alles andere schlecht machen und die Wahrheit für sich beanspruchen. Sprich, sie werden weiterhin eine populistische Partei sein und bleiben. Die Frage ist nur noch, ob sie angedrohte Projekte wie ihre eigene Zeitung umsetzen werden, das Geld dazu hätten sie ja sicher, zumal sich jetzt ein paar 1000 Idioten mehr bei der SVP registrieren lassen.

Mit der Zeitung war die WOZ allerdings schneller, sie hat uns schon letzte Woche ein wunderbares Beispiel gegeben, wie sowas aussehen könnte. Die Reaktionen waren dementsprechend gut, meine Eltern sind auch darauf reingefallen :)

So, wer noch weiter lesen mag findet lustige Interviews auf der WOZ homepage! Meuchelmörder überall!